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Chinas Streben nach Antifragilität

HONGKONG – Auf seinem Weg zu allgemeinem, dauerhaftem Wohlstand steht China erneut an einem Scheideweg. Beim Kongress der Kommunistischen Partei Chinas im November wurde die neue Führung damit betraut, die Weichen für die Entwicklung des Landes in den kommenden zehn Jahren zu stellen. Hierzu zählt die Modernisierung der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Systeme Chinas innerhalb der Randbedingungen seiner Geschichte und des sich wandelnden geopolitischen Kontextes.

Die Reformagenda ist in jeder Hinsicht ehrgeizig – vor allem angesichts eines fragilen und unwirtlichen externen Umfeldes. Innerhalb der nächsten zehn Jahre muss die chinesische Führung Reformen entwickeln und durchführen, um die Korruption zu bekämpfen; die Migration in die Städte zu fördern (so etwa eine Liberalisierung des Hukuo-Systems, der offiziellen Wohnsitzkontrolle); technologische Innovationen zu fördern; Quellen des Wirtschaftswachstums neu auszutarieren; Umwelt- und Arbeitsstandards zu erhöhen und das  soziale Sicherungssystem des Landes aufzubauen, einschließlich Gesundheitswesen, Bildung und Sozialversicherung.

Um die Tragfähigkeit eines Systems zu gewährleisten, muss es so konstruiert sein, dass es Ereignissen Rechnung trägt, die so selten sind wie ein „schwarzer Schwan“. Dieser von  Nassim N. Taleb geprägte Begriff des „Black Swan“ bezeichnet unvorhergesehene, seltene aber mächtige Ereignisse – die, wie die globale Wirtschaftskrise mit ihren verheerenden Konsequenzen gezeigt hat, eben doch vorkommen. Maßnahmen, die ein System „widerstandsfähiger“ oder „robuster“ machen, wären allerdings unvollkommen. Sie sollten nicht nur Volatilität standhalten; sie sollten so angelegt sein, dass sie von Belastung und Chaos profitieren.

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