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Der China-Joker der Deglobalisierung

NEW HAVEN – Die weithin gelobte Globalisierung der Zeit nach dem Kalten Krieg läuft jetzt rückwärts. Die anhaltende Verlangsamung des Welthandels wurde durch pandemiebedingte Unterbrechungen der Versorgungsketten, den anhaltenden Druck des Handelskriegs zwischen den USA und China und die Bemühungen, grenzüberschreitende Wirtschaftsbeziehungen mit geostrategischen Allianzen („Friendshoring“) in Einklang zu bringen, noch verstärkt. Diese Entwicklungen ziehen die Schlinge um China enger, das wohl das Land ist, das am meisten von der modernen Globalisierung profitiert hat.

Von den vielen Messgrößen der Globalisierung, einschließlich der Finanz-, Informations- und Arbeitsströme, ist der grenzüberschreitende Austausch von Waren und Dienstleistungen am engsten mit dem Wirtschaftswachstum verbunden. Vor allem aus diesem Grund deutet die Verlangsamung des Welthandels, die nach der globalen Finanzkrise 2008/09 einsetzte und sich in der COVID-19-Ära noch verstärkte, auf einen grundlegenden Wandel der Globalisierung hin. Während die weltweiten Exporte von 19 % des weltweiten BIP im Jahr 1990 auf einen Spitzenwert von 31 % im Jahr 2008 anstiegen, betrugen die weltweiten Exporte in den dreizehn Jahren danach (2009-21) durchschnittlich nur noch 28,7 % des weltweiten BIP. Wären die weltweiten Exporte um 6,4 % gewachsen – auf halbem Weg zwischen dem rasanten Tempo von 9,4 % im Zeitraum von 1990 bis 2008 und der gedämpften Rate von 3,3 % nach 2008 –, wäre der Exportanteil am globalen BIP bis 2021 auf 46 % gestiegen, weit über den aktuellen Anteil von 29 %.

Die Vorteile, die China aus der Globalisierung des Handels gezogen hat, sind außergewöhnlich. In den zehn Jahren vor Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 machten die chinesischen Exporte im Durchschnitt nur 2 % der gesamten weltweiten Ausfuhren aus. Bis 2008 hatte sich dieser Anteil fast vervierfacht und betrug 7,5 %. China hatte sein Beitrittsgesuch zur WTO genau zum richtigen Zeitpunkt eingereicht, nämlich genau dann, als sich der Welthandel in einem starken Aufschwung befand. Zwar forderte die Finanzkrise einen kurzen Tribut von der chinesischen Exportdynamik, doch war diese Unterbrechung nur von kurzer Dauer. Bis 2021 stiegen die chinesischen Exporte auf 12,7 % der weltweiten Ausfuhren und lagen damit deutlich über dem Höchststand von vor 2008.

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