Notenbanker als Popstars

CAMBRIDGE – Warum ziehen die Kommentare der Notenbanker wichtiger Volkswirtschaften heute so viel Aufmerksamkeit auf sich? Es ist ja nicht so, als würden sie laufend die Zinsen ändern. Und genauso wenig haben sie neue, belastbarere Instrumente zur Analyse der Konjunktur entwickelt. Im Gegenteil: Die Wachstums- und Inflationsprognosen der wichtigen Zentralbanken haben sowohl die Wachstums- als auch die Inflationsentwicklung seit der Finanzkrise konsequent überschätzt – und zwar erheblich.

Es gibt viele gute Gründe für die Aufmerksamkeit, mit der geldpolitischen Entscheidungsträger derzeit überhäuft werden, darunter die zunehmende Unabhängigkeit der Notenbanken, die öffentliche Anerkennung der Notwendigkeit, hochkompetente Technokraten mit der Aufsicht über die Geldmenge zu betrauen, und die sich vertiefenden Finanzmärkte. Und viele Notenbanker wurden zu Recht für ihre Rolle bei der Verhinderung eines globalen Zusammenbruchs während der Finanzkrise gelobt.

Trotzdem finden es viele Wissenschaftler angesichts der zahlreichen Unsicherheiten, die makroökonomische Prognosen und die Auswirkungen des politischen Instrumentariums (nicht zuletzt der quantitativen Lockerung) umgeben, unverständlich, dass die Reden und Erklärungen der Notenbanker so ein Tamtam generieren. Und ohne ihre Heldentaten während der Finanzkrise zu vergessen: Im Gefolge der Krise haben sich vielen Notenbanker als viel zu unflexibel erwiesen und sich zu viele Sorgen um die Überschreitung ihrer Inflationsziele und zu wenige um eine Deflationsdynamik gemacht. Zudem tragen die Notenbanker vor allem wegen ihrer laschen Regulierungspolitik eine Mitschuld daran, dass es überhaupt zu der Krise gekommen ist.

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