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Die Kosten eines Brexit-bedingten Braindrains

MAILAND – Sollte das Vereinigte Königreich seinen Austritt aus der Europäischen Union tatsächlich vollziehen, dürfte eine der schwerwiegendsten unbeabsichtigten Folgen der Exodus eines beträchtlichen Anteils hochqualifizierter Spitzenkräfte aus London sein. Tatsächlich konkurrieren Paris, Frankfurt, Dublin, Amsterdam und andere Städte des alten Kontinents bereits um Banker, Ärzte, Architekten und Wissenschaftler aus dem Vereinigten Königreich.

Derartige „Braindrains“ sind in der Geschichte häufig. Nie zuvor jedoch hat eine etablierte Demokratie während einer Zeit des Friedens und Wohlstands einen katastrophalen Verlust von Humankapital erlebt. Normalerweise erfordert es einen plötzlichen Regimewechsel, einen gewaltsamen Konflikt oder eine düstere Wirtschaftslage, um die berufliche Elite eines Landes en masse zur Flucht zu veranlassen.

So haben etwa viele Intellektuelle in den letzten Jahren aufgrund von Präsident Recep Tayyip Erdoğans zunehmend autoritärer Regierung die Türkei verlassen. In Griechenland wurden während der staatlichen Schuldenkrise hochqualifizierte Arbeitnehmer durch den Mangel an wirtschaftlichen Chancen aus dem Lande getrieben. Und in Nazideutschland wurden die Juden und andere begabte, aber unterdrückte Minderheiten gezwungen, Zuflucht im Ausland zu suchen.

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