legrain30_ Wiktor Szymanowicz  Barcroft Media via Getty Images_london protest Wiktor Szymanowicz/Barcroft Media via Getty Images

Großbritanniens Brexit-Zusammenbruch

LONDON – Die britische Demokratie galt einst weithin als Vorbild, dem andere folgen sollten. Nun jedoch steckt sie in der tiefsten Krise seit Menschengedenken. Es geht nicht allein darum, ob das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen aus der Europäischen Union scheidet, sondern auch darum, wie stark ein einst für seine Stabilität und Mäßigung berühmtes Land in einen politischen Bürgerkrieg versinkt.

Premierminister Boris Johnson scheint entschlossen, das Vereinigte Königreich um jeden Preis am 31. Oktober aus der EU zu führen. Die Wahrscheinlichkeit eines chaotischen „No-Deal-Brexit“ ist am 28. August, als Johnson den Schritt einleitete, das britische Parlament zwischen Mitte September und dem 14. Oktober für fünf Wochen in die Zwangspause zu schicken, dramatisch gestiegen. Es wird für seine parlamentarischen Gegner nun sehr viel schwerer – aber nicht unmöglich –, seine Pläne zu durchkreuzen.

Johnson behauptet, dass er ein Austrittsabkommen wolle, aber dass die Drohung eines Austritts ohne derartiges Abkommen erforderlich sei, um die EU zu Kompromissen zu zwingen. Aus seiner Sicht war die Einschränkung der Fähigkeit des Parlaments, einen No-Deal-Brexit zu verhindern, notwendig, um die Drohung glaubwürdig zu machen.

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