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Johnsons Sieg bedeutet einen britischen Machtverlust

LONDON – Weil der Brexit die quälenden Parlamentswahlen im Vereinigten Königreich in diesem Monat beherrschte, wurden eine Reihe bedeutungsvoller politischer Vorschläge kaum oder gar nicht erörtert. Dies betrifft vor allem den Plan rechter Konservativer zur Abschaffung des britischen Ministeriums für internationale Entwicklung. Nachdem Premierminister Boris Johnson eine parlamentarische Mehrheit errungen hat, könnte das Ministerium für internationale Entwicklung bald im britischen Außenministerium aufgehen, das dann die Verantwortung für die Verwaltung des jährlichen Hilfsbudgets von 14 Milliarden Pfund (16,8 Milliarden Euro) übernehmen würde.

Wie ich vor ein paar Monaten ausführte würde der Plan der Konservativen im Wesentlichen ein großes Problem lösen – den Niedergang des britischen diplomatischen Dienstes – und gleichzeitig ein viel größeres Problem schaffen: nämlich den Verlust der britischen weichen Macht.  Das bahnbrechende Engagement des Vereinigten Königreichs zur Beendigung der Armut auf der Welt bringt weitreichende Vorteile mit sich und das britische Hilfsprogramm ist einer der wertvollsten globalen Aktivposten des Landes. Seit der Schaffung des Ministeriums für internationale Entwicklung vor 22 Jahren wurden Millionen Menschen aus der Armut befreit, Millionen Kindern der Schulbesuch ermöglicht und Millionen Leben gerettet – nicht zuletzt durch die Führungsrolle des Ministeriums bei einer Initiative, im Rahmen derer 700 Millionen Kinder geimpft wurden. In jüngster Zeit ist das Ministerium weltweit führend bei der Bereitstellung von Entwicklungshilfe für arme Länder, die von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.

Johnson geht davon aus, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit ein stärkeres Außenministerium brauchen wird, um im Ausland Einfluss auszuüben. Doch die Eingliederung des Entwicklungsministeriums in das Außenministerium wird die globale Position des Vereinigten Königreichs untergraben und auch keine Effizienzgewinne mit sich bringen. Anders als die Diplomatie, die oftmals auf Geheimhaltung angewiesen und daher von spärlich vorhandenen Prüfpfaden gekennzeichnet ist, erfordern Entwicklungsbemühungen Transparenz und sind am effektivsten, wenn sie externen Prüfungen unterzogen werden.

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