asoros4_EMMANUEL DUNANDAFP via Getty Images_bideneu Emmanuel Dunand/AFP via Getty Images

Ein Biden-Sieg könnte einen Neustart für die transatlantischen Beziehungen bringen

NEW YORK – In seiner Eröffnungsrede beim Jahrestreffen des European Council on Foreign Relations (ECFR) äußerte der deutsche Außenminister Heiko Maas, die Europäer müssten sich unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen im November „Gedanken machen, wie wir die Konflikte rund um Europa künftig auch ohne die USA besser eindämmen können.“

Das ist eine populäre Sicht. Viele europäische Kommentatoren, so etwa Janan Ganesh und Wolfgang Münchau von der Financial Times, haben argumentiert, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und der EU, selbst wenn ein Demokrat US-Präsident Donald Trump besiegen sollte, nicht wesentlich ändern würden. Auch ein demokratischer Präsident, so ihre Argumentation, wäre beim Handel protektionistisch eingestellt, aufgeschlossen gegenüber den angeblich isolationistischen Instinkten der amerikanischen Bevölkerung und wenig begeistert, Schecks zur Verteidigung Europas auszustellen. Diese Beschreibung galt zunächst den Senatoren Elizabeth Warren (Massachusetts) und Bernie Sanders (Vermont), trotz der starken Unterstützung beider für internationale Zusammenarbeit und Menschenrechte. Nun weiten einige Europäer sie auf Joe Biden aus.

Doch dass von Biden keine echte Veränderung der US-Politik gegenüber Europa ausgehen sollte ist eine unglaubliche Vorstellung. Biden war immer überzeugter Transatlantiker und hat im Verlauf seiner jahrzehntelangen politischen Karriere enge Beziehungen zu zentralen europäischen Spitzenpolitikern geknüpft, darunter auch zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als Vizepräsident war Biden zwischen 2009 und 2017 immer zur Stelle, um eine persönliche Diplomatie zu gewährleisten, wenn Präsident Barack Obama nicht verfügbar war.

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