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Bidens Einwanderungsfarce

CHICAGO – Unmittelbar vor der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden zeigten sich Aktivistinnen und Aktivisten im Bereich Einwanderungsrecht optimistisch, dass die neue Regierung eine Bestimmung namens Title 42 außer Kraft setzen würde. Dabei handelt es sich um eine undurchsichtige Regelung, die es amerikanischen Grenzbeamten während der Covid-19-Pandemie ermöglichte, Migranten zurückzuweisen, die andernfalls Anspruch auf Asyl gehabt hätten. Während der Recherchen für mein demnächst erscheinendes Buch Precarious Protections habe ich mit Anwälten gesprochen, die mit unbegleiteten Minderjährigen in Los Angeles arbeiten. Sie waren zuversichtlich, dass die neue Regierung das Recht, in den Vereinigten Staaten, Asyl zu beantragen, wiederherstellen würde. Das ist allerdings nicht passiert.

Die Behauptung, Asylsuchende würden das US-Einwanderungssystem mit gefälschten Anträgen austricksen, entbehrt jeder Grundlage. Im Gegenteil: Unter beiden Vorgängern Bidens - Barack Obama und Donald Trump - legten die US-Einwanderungsbehörden das Gesetz zu eng aus, um die Mehrheit jener gefährdeten Kinder zu schützen, die vor lebensbedrohlicher Gewalt in Zentralamerika fliehen.

Doch während die Obama-Administration humanitäre Maßnahmen und Gesetzesvollzug miteinander verband, verstieß Trumps Politik eindeutig gegen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit und schuf damit einen gefährlichen und offenkundig dauerhaften Präzedenzfall. Title 42 ist ein Paradebeispiel. Die Anwendung dieser Bestimmung wurde als Ausnahmefall zur Eindämmung der Ausbreitung von Covid-19 gerechtfertigt, doch von Epidemiologen wurde dies nie unterstützt. Das hat die Trump-Administration jedoch nicht davon abgehalten, diese Vorschrift zu benutzen, um den Menschen das sowohl in den USA als auch international geschützte Recht, einen Asylantrag zu stellen, vorzuenthalten.

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