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Das argentinische Covid-Wunder

NEW YORK – Von Covid-19 sind zwar alle schwer betroffen, doch hinsichtlich der Bekämpfung der Krankheit herrscht keine „Chancengleichheit”. Für Menschen in ohnehin schon schlechtem Gesundheitszustand – von denen viele in armen Ländern mit mangelhaften öffentlichen Gesundheitssystemen leben – stellt das Virus eine größere Bedrohung dar. Außerdem kann es sich nicht jedes Land leisten, ein Viertel seines BIP zum Schutz der Wirtschaft auszugeben, wie es die Vereinigten Staaten getan haben. Entwicklungsländer und Schwellenökonomien sind mit schwierigen finanziellen und fiskalischen Einschränkungen konfrontiert. Und wegen des herrschenden Impfnationalismus (also, weil reiche Länder Impfstoffe horten) müssen diese Länder auch noch um jede verfügbare Impfdosis betteln.

Wenn sich Länder in derart akuten Notlagen befinden, wird Amtsträgern tendenziell ein größerer Teil der Schuld in die Schuhe geschoben als dies gerechtfertigt wäre. Oftmals mündet diese Entwicklung in eine Politik des Zanks und Haders, die eine Lösung der wahren Probleme erst recht erschwert. Einige Länder haben jedoch trotz schlechter Ausgangslage eine starke wirtschaftliche Erholung geschafft.

Man denke an Argentinien, das sich bereits zum Zeitpunkt des Pandemieausbruchs in einer Rezession befand, die größtenteils auf die Misswirtschaft unter dem ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri zurückzuführen war. Die Entwicklung war allen sattsam bekannt. Eine rechtsgerichtete, wirtschaftsfreundliche Regierung hatte das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte gewonnen, die dementsprechend Geld in das Land strömen ließen. Allerdings erwies sich die Regierungspolitik eher ideologisch als pragmatisch orientiert und kam nicht den gewöhnlichen Bürgern, sondern den Reichen zugute.  

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