Die neue Scheinheiligkeit der USA beim Welthandel

Die aktuelle „Entwicklungsrunde“ der Handelsgespräche steuert auf ihre Schlussphase zu, und es wird zunehmend deutlich, dass sie nicht dem Ziel der Entwicklungsförderung dienen, sondern das das multilaterale Handelssystem untergraben wird. Nirgends wird dies klarer als in einer Bestimmung, die den am wenigsten entwickelten Ländern angeblich einen nahezu zollfreien Zugang zu den Märkten der entwickelten Länder bieten soll.

Vor einem Jahr verpflichteten sich die Führer der reichsten Länder der Welt, die Not der ärmsten zu lindern. Im November 2001 hatten sie in Doha versprochen, den armen Ländern etwas Wertvolleres als Geld zu bieten: die Chance, ihre Waren zu verkaufen und sich durch ihren Verdienst einen Weg aus der Armut zu bannen. Für eine Weile schien es so, als ob die entwickelten Länder – mit großem Trara – ihr Versprechen halten würden: Europa weitete die Initiative „Everything but Arms“ (Alles außer Waffen/EBA) aus, gemäß welcher es seine Märkte für die weltärmsten Länder einseitig öffnen sollte.

Diese Öffnung brachte weniger, als es den Anschein hatte. Der Teufel steckt – wie viele weniger entwickelte Länder feststellen mussten – im Detail: Die komplizierten Herkunftsregeln der EBA-Initiative hatten, im Verbund mit Beschränkungen auf der Angebotsseite, zur Folge, dass die armen Länder kaum eine Chance hatten, ihre frisch liberalisierten Produkte zu exportieren.

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