Ambivalentes Arabien

Eine demokratische Flutwelle scheint über die arabische Welt hinwegzufegen. Sogar die traditionellen arabischen Monarchien und Emirate verändern sich in ihrem Sog. In Kuwait dürfen Frauen jetzt wählen, Katar hat ein ehrgeiziges Reformprogramm verabschiedet, Bahrain hat bei Massendemonstrationen viel Toleranz bewiesen und die Vereinigten Arabischen Emirate sind dabei, so etwas wie eine freie Presse zu erlauben. Saudi Arabien dagegen ist weiterhin äußerst vorsichtig mit jeder Veränderung und bleibt daher ein riesiges und scheinbar unverrückbares Hindernis für Reformen in der gesamten Region.

Obwohl die saudische Herrscherfamilie, die Al-Sauds, unter enormem Druck steht, dem Beispiel ihrer Nachbarn zu folgen, bleibt der innere Widerstand dagegen sehr stark. Also haben sich die Al-Sauds in ein janusköpfiges Wesen verwandelt: Auf der einen Seite ermuntert die königliche Familie demokratische Reformer, ihre Stimme zu erheben, auf der anderen Seite wirft sie sie dafür ins Gefängnis.

Am 15. Mai wurden drei führende Reformer – Ali Al Dumaini, ein bekannter Journalist und Dichter, sowie die Universitätsprofessoren Abdullah Al Hamid und Matruk al Falih – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Rechtsvertretung für die Angeklagten zu Haftstrafen von sechs bis neun Jahren verurteilt. Ihr Verbrechen bestand darin, eine konstitutionelle Monarchie zu fordern. Im offiziellen Urteil steht, dass sie die nationale Einheit gefährdet, die Machthabenden herausgefordert und die öffentliche Meinung gegen den Staat aufgewiegelt hätten, wobei sie „ausländische“, d. h. westliche, Terminologie benutzten.

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