Die Zeit nach dem August 2006

Der Nahe Osten ist eine Gegend, wo sich der Staub kaum jemals legt. Wenn dies gelegentlich doch der Fall ist, und sei es auch für noch so kurze Zeit– die UN-Resolution 1701 über das Ende der Kampfhandlungen im Libanon scheint zu halten – bietet sich die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, in der Hoffnung, dass eine verantwortungsvolle Debatte Einfluss auf die Mächtigen ausüben könnte.

Beginnen wir bei den Vereinigten Staaten. Präsident George W. Bush fehlte es weder an Initiativen noch an griffigen Slogans oder Kürzeln. In den letzten Jahren wimmelte es nur so davon: „Internationaler Krieg gegen den Terror“, „Roadmap”, „Middle East Partnership Initiative” (MEPI), „Broader Middle East and North Africa” (BMENA) – vormals „Greater Middle East Initiative” (GMEI) – „Democracy Assisted Dialogue (DAD) und so weiter. Seine jüngste Träumerei, der er mitten in den Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hisbollah nachhing, war der „New Middle East“ (NME), ein Plan, der die amerikanischen Partner Israel, Ägypten, Jordanien und Saudi Arabien als Stützpfeiler einer regionalen Ordnung vorsieht.

Aber wie alle seine Initiativen seit den Terroranschlägen von New York und Washington vor fast fünf Jahren stand die NME-Initiative von Anfang an unter keinem guten Stern. Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice verkündete die Geburtsstunde der Initiative während sie sich gleichzeitig gegen einen sofortigen Waffenstillstand im Libanon aussprach. Diese schlechte Wahl des Zeitpunktes ließ die Initiative herzlos erscheinen, da gerade Tausende Zivilisten durch die effiziente, aber rücksichtslose israelische Artillerie und Luftwaffe vertrieben, getötet oder verstümmelt wurden.

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