Die Ethik des Essens

Der weltweite Fleischverbrauch, so die Prognosen, wird sich bis zum Jahr 2020 verdoppeln. Allerdings wächst in Europa und Nordamerika die Besorgnis über die Ethik in der Fleisch- und Eierproduktion. Der Kalbfleischverbrauch ist stark gesunken seit allgemein bekannt wurde, dass man zur Produktion von so genanntem „weißen“ – eigentlich blassrosafarbenen – Kalbfleisch, neugeborene Kälber sofort von ihren Müttern trennt, sie absichtlich anämisch hält, ihnen keine Ballaststoffe füttert und sie in Verschlägen hält, die so eng sind, dass sie sich darin nicht bewegen oder umdrehen können.

In Europa hat der Rinderwahnsinn viele Menschen schockiert, aber nicht nur, weil Rindfleisch dadurch sein Image als sicheres und gesundes Nahrungsmittel verlor, sondern auch, weil man erfuhr, dass die Krankheit durch die Verfütterung von Hirnen und Nervengewebe von Schafen an Rinder ausgelöst wurde. Menschen, die naiverweise glaubten Rinder würden Gras fressen, mussten feststellen, dass Mastrinder mit allem Möglichen gefüttert werden. Die Palette reicht von Mais über Fischmehl, Hühnerabfälle (inklusive Kot) bis hin zu Schlachthausabfällen.

Die Besorgnis darüber, wie wir Nutztiere behandeln, ist bei weitem nicht auf jenen kleinen Kreis von Menschen beschränkt, die sich vegetarisch oder gar vegan – also gänzlich ohne tierische Produkte – ernähren. Trotz starker ethischer Argumente, die für den Vegetarismus sprechen, ist dieser Lebensstil noch nicht mehrheitsfähig. Weiter verbreitet ist da schon die Ansicht, dass unser Fleischkonsum zu rechtfertigen sei, solange die Tiere vor ihrer Schlachtung ein annehmbares Leben führen können.

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