Wendepunkt für Putin?

NEW YORK – Wenn die Inkompetenz im Kreml mörderische Züge annimmt, können die Machthaber zu zittern beginnen. Als die Nachricht vom Abschuss von Flug 17 der Malaysia Airlines über der Ukraine in Russland einsickerte, erinnerten sich Menschen mit gutem Gedächtnis an den sowjetischen Angriff auf Flug 007 der Korean Air Lines im September vor 31 Jahren und die politischen Folgen dieses Ereignisses.

Damals verbreitete der Kreml zunächst Lügen, indem man mitteilte, nichts mit der vermissten KAL-Maschine zu tun zu haben. Später wurde behauptet, das südkoreanische Flugzeug sei im Rahmen einer amerikanischen Spionagemission unterwegs gewesen. Doch innerhalb der sowjetischen Führung markierte der Vorfall einen Wendepunkt. Das Ereignis beendete die Karriere von Marschall Nikolai Ogarkow, Chef des Generalstabes und Hardliner der härtesten Sorte, dessen unhaltbare und fadenscheinige Bemühungen, den Abschuss der Maschine zu rechtfertigen, sich für den Kreml als zutiefst blamabel erwiesen.

Ogarkows Unfähigkeit (und unfähige Verlogenheit) in Kombination mit dem seit 1979 dauernden und sich zunehmend zu einem Fehlschlag entwickelnden sowjetischen Krieg in Afghanistan förderte die fortgeschrittene Hinfälligkeit des Systems zutage. Die Stagnation hatte während der Amtszeit Leonid Breschnews eingesetzt und verschärfte sich nach dessen Tod im Jahr 1982. Seine Nachfolger, zunächst der KGB-Mann Juri Andropow und anschließend Konstantin Tschernenko vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, standen bei ihrer jeweiligen Machtübernahme nicht nur bereits mit einem Bein im Grab, sondern waren auch vollkommen außerstande, die Sowjetunion zu reformieren.

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