Ein Jahrzehnt Hugo Chávez

SAN JOSE – Wir hätten wissen müssen, dass etwas nicht stimmte, als Präsident Hugo Chávez bei seiner Amtseinführung am 2. Februar 1999 auf Venezuelas 40 Jahre alte Verfassung schwor und sie dabei als „todgeweiht“ bezeichnete.

Unter der „Todgeweihten“, als welche die Verfassung bekannt wurde, hatte Venezuela nicht nur acht friedliche präsidiale Amtswechsel erlebt, sondern auch von den Früchten des demokratischen Pluralismus sowie von starken zivilen und politischen Freiheiten profitiert. Zwar produzierte Venezuela in dieser Zeit ebenso viel Korruption und politische Verantwortungslosigkeit wie Barrel Öl, aber trotzdem ging es Venezuela viel besser als dem Durchschnitt der lateinamerikanischen Länder. Es war nicht die Schweiz, aber es war nach allen Maßstäben eine echte Demokratie.

Damit ist es nun vorbei. Wahlen werden immer noch abgehalten, aber das Erbe aus zehn Jahren Chávez besteht vor allem anderen aus der Abschaffung der demokratischen Institutionen. Chávez, der in einem Erdrutschsieg gewählt worden war, um mit den politischen Lastern des vorhergehenden Establishments aufzuräumen, entschied sich dafür, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Zwar verschwand die vorherige Regierung und mit ihr auch ihr System der gegenseitigen Kontrolle und ihre Tradition der politischen Toleranz, aber ihre Laster – insbesondere Amtsmissbrauch und Demagogie – wurden schlimmer als je zuvor. Ziemlich genau wie vor 10 Jahren bleibt Venezuela, das einst das Ziel für Einwanderer aus der ganzen Welt war, unterentwickelt.

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