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Indiens despotische Wahl

HONGKONG: Einige Monate vor Beginn der indischen Parlamentswahlen am 19. April (die Wahlen dauern bis 1. Juni) machte der oppositionelle Indische Nationalkongress auf einer Pressekonferenz in Neu-Delhi eine schockierende Enthüllung. Anscheinend hatte die Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi einige der wichtigsten Bankkonten der Partei gesperrt und dieser eine enorme Rechnung für ein geringfügiges Versäumnis in einer fünf Jahre alten Steuererklärung gestellt, wodurch die Partei ohne Geld dastand, um auch nur für Strom und Gehälter zu bezahlen – von der Führung eines Wahlkampfes gar nicht zu reden. Diese Sperre wurde rasch wieder aufgehoben, doch die Botschaft war klar: Dies würde keine reguläre Wahl werden.

Obwohl die Kongresspartei Indien seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1947 die meiste Zeit über regiert hatte, hatte sie Modi seit dessen Aufstieg zu nationaler Macht 2014 wenig entgegenzusetzen. Parteivertreter haben die Kontosperrung als „tiefgreifenden Anschlag auf Indiens Demokratie“ verurteilt, doch war sie nur das jüngste Beispiel in einer länger währenden Saga. In den letzten zehn Jahren hat Modis Regierung die bürgerlichen Freiheiten und die Minderheitenrechte aushöhlt, abweichende Meinungen unterdrückt, die demokratischen Institutionen untergraben und einen Personenkult errichtet. Während die westlichen Regierungen weiterhin so tun, als sei Indien die weltgrößte Demokratie, ähnelt das Land zunehmend einer zentralasiatischen Diktatur.

„Einer der schlimmsten Autokratisierer“

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